Nun sind schon vier Tage vergangen, und das geht hier wie im Flug, die soviele Erlebnisse gebracht haben, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll … Am besten chronologisch. Am zweiten Tag gab es abends noch eine große Aufregung – angeblich bewegte sich ein Waldbrand direkt auf die Cabin unserer Gastgeber Torsten und Rebecca zu. Da die beiden zu dem Zeitpunkt gerade beim Nachschub kaufen für ihre hungrigen deutschen Gäste waren (Amerika ist ja schlichtweg das Einkaufsparadies, ich liebe es!), waren Micha und ich doch recht ratlos, was zu tun wäre. Die Nachbarn waren mit ihrem Hausstand auf dem Truck schon auf der Flucht … Doch als Rebecca und Torsten dann endlich kamen, hatte sich die Situation schon entspannt und es gab Entwarnung. Puh – soviel Aufregung am zweiten Tag. Unser Versuch zu Fuß zum Feuer vorzudringen, um uns selbst ein Bild davon zu machen, ob das Schlafen in dieser Nacht lohnen würde, wurde von einem recht unzugänglichen Forest Service Mitarbeiter unterbunden. Nun gut, so marschierten wir wieder nach Hause und genossen unseren wohlverdienten Schlaf.
Der nächste Tag, Samstag, war eine Herausforderung für Micha: Hiking mit vier Frauen … Seine gute Freundin Meli, auch eine Deutsche aus dem Schwabeländle, hatte eine Wanderung organisiert und gleich noch drei Freundinnen und drei Hunde mitgebracht (davon war nur einer weiblich). Wickersham Dome war das Ziel unseres Ausflugs, bei dem wir die Baumgrenze passierten, und die sogenannte Tundra-Vegetation zu sehen bekamen, und natürlich die Berge, die hier allgegenwärtig und verdammt eindrucksvoll sind. Ich weiß nicht, wieviele Bilder ich schon von jedem erdenklichen Berg von Fairbanks bis Haines Junction (hier sind wird heute Morgen gestrandet, weil wir warten müssen, bis die Tanke aufmacht) geschossen habe. Und das gegen den Rat meiner Chefin, die ausdrücklich nach Bildern von Menschen verlangt hat, nicht zuviele „langweilige“ Berge. Naja, wir werden 799 langweilige davon löschen … Zurück zum Hiking. Danach stärkten wir uns in einem typischen amerikanischen Truck-Stop. Ich falle stets durch mein unamerikanisches Essensverhalten auf, während Micha sich ja perfekt tarnt – und ständig von den Leuten Honig um den Bart geschmiert bekommt, wie akzentfrei sein Englisch ist. Im Vergleich zu meinem „Gegatze“ … Die Bedienung guckte mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte, als ich meine Waffel nur mit Sirup und nicht mit Sahne und Erbeeren wollte, wobei ich mich ja sowieso schon als verdächtig entpuppt habe, nachdem ich bis heute noch keinen Burger bestellt hab, aber das kommt noch … Hier gibt es eh so viele neue Essens-Erfahrungen zu machen, das ist so aufregend! Ach ja abends gab’s dann noch Barbeque bei Meli, bei dem sich Micha als perfekter Grillmeister entpuppte, dem nur zwei von den zehn Würstchen in den Dreck gefallen sind, sehr zur Freude der Hunde. Es gab Bratwurst und sogar Beer-Bratwurst (so was gibt’s glaub ich nur hier, oder?).
Gestern waren wir den ganzen Tag „On the Road“ und legten alles in allem rund achthundert Kilometer zurück und fotografierten wie schon erwähnt so ziemlich jedes Bergmassiv. Tja und nun sitzen wir hier in Haines Junction, haben so gegen fünf ein cooles Frühstück veranstaltet, im wahrsten Sinne des Wortes, denn es hatte kaum mehr als fünf Grad draußen, und warten jetzt vor einer mal wieder unglaublichen Bergkulisse im Sonnenaufgang, dass die Tankstelle aufmacht. Ach ja, das mit der Sonne und dem Licht generell, ist ja auch eine faszinierende Sache für jemanden wie mich, der noch nie im Nordland war. Es wird ja eigentlich nie richtig dunkel, denn wir nähern uns jetzt der Sommersonnenwende. Gestern hatten wir um zwölf Uhr nachts am Kluane Lake noch ein tolles Abendrot. Für mich, die es zum Schlafen dunkel braucht, ist das allerdings anstrengend, denn das heißt Fenster verhängen, oder sich was auf die Augen legen. Vielleicht hätte ich Michas Vorschlag, eine Schlafbrille mitzunehmen, doch nicht als „affig“ abtun sollen…? Aber egal, was uns nicht tötet, härtet ab. Wer braucht schon mehr als drei, vier Stunden Schlaf am Tag, doch wohl nur Mädchen … So, es ist nun mittlerweile fast sieben und die Tankstellenbetreiber haben sich immer noch nicht erbarmt, uns einen „Schluck“ der „Großen Freiheit“ zu geben. Mal sehen, wann es was gibt. Heute wollen wir noch bis Haines, im Vergleich zu gestern nur ein Katzensprung, wo wir laut Micha „ein bisschen in der Gegend“ rumschauen. Was daraus wird, berichte ich Morgen oder wann auch immer …