Oh je, jetzt habe ich schon zehn Tage nichts mehr geschrieben. Naja, wir waren ja auch ziemlich rastlos unterwegs. Ok, ich muss zugeben, die Frühstückspausen kommen manchmal etwas zu kurz. Aber bei all den phantastischen Eindrücken; wer braucht da noch Nahrung?
Aber nun mal alles der Reihe nach. Schluss hier mit diesem unkoordinierten „stream of consciousness“. Wir sind doch schließlich aus Deutschland und sollen uns gefälligst an etwas Ordnung halten. Am Dienstag (7.6.) fuhren wir den Klondike Loop von Whitehorse in das Zentrum des Goldrausches von 1898: Dawson City. Unterwegs konnten wir uns selbst davon überzeugen, wie wichtig es ist, beim Lagerfeuer äußerste Vorsicht walten zu lassen. Diverse Waldbrandflächen, gespickt mit verkohlten, wie Zahnstocher anmutende, Fichten säumen die Straße. Natürlich sind nicht alle Waldbrände hier im Norden menschlichen Ursprungs, aber diejenigen, die natürlichen Ursprungs sind, würden schon reichen. Auch wenn mir bewusst wird, dass der Waldbrand ein wichtiges Stadium im Lebenszyklus des borealen Nadelwaldes ist, sind diese kargen Flächen kein schöner Anblick. Aber auf der anderen Seite kann man uns Touris somit die natürlich Vegetations-Abfolge nach einem Waldbrand (vergleichbar mit von Gletscher freigegebenen Flächen) veranschaulichen.
Nachdem in Dawson City der Zetplatz leider einige Meilen außerhalb liegt, wurden wir von einer sehr sympatischen Visitor-Center-Mitarbeiterin, die übrigens Yup’ik war/ist und aus Bethel stammt, zu einem günstigen Hotel direkt in der urigen Altstadt gelotst. So langsam verweichliche ich schon etwas. Wie kommt es denn, dass ich ein bequemes Bett der neu erstandenen „Therma Rest“-Matte vorziehe. Okay, in diesem Fall war’s einfach das gute alte deutsche Sicherheitsdenken. Schlielich wollten wir ja den berüchtigten „Diamond Tooth Gertie’s Saloon“ mit seinen Can-Can-Mädels besuchen und wollten uns das eine oder andere Bierchen (Candadian) hinter die Binde kippen. Eben genau wie damals die Goldsucher, die mit trockener Kehle, wenige jedoch mit dem verzweifelt gesuchten Gold, zurück in die Stadt kamen. Und wie heißt es so schön: „Don’t drink and drive“.
Nach dem Besuch im Saloon waren wir dann noch so fit, dass wir auf den Midnight Dome fuhren und den einzigartigen Ausblick auf den Yukon westlich der Stadt bei herrlichem Sonnenuntergang zu genießen. Der Rest des 360-Grad-Panoramas ist jedoch auf keinen Fall zu vernachlässigen. Man steht dort oben uns bekommt einen wunderbaren Eindruck von der unendlichen Weite, für die ich den Yukon und Alaska so liebe, wenn man sich einmal um die eigene Achse dreht. Außerdem bekommt man hier mal wieder schön vor Augen geführt, wie klein und unbedeutend wir Menschen im Gesamtbild doch sind.
Am nächsten Tag überquerten wir nach unserem vormittäglichen Kultur-Programm den Yukon mit der kleinen Fähre und fuhren den „Top of the World Highway“ entlang. Auch wenn dieser leider auf der Liste der Highways steht, auf denen die gesamte Mietwagen-Versicherung erlischt, sollte man sich diese Strecke nicht entgehen lassen. Wenn man, wir wir ja in der Fahrschule gelernt haben, vorausschauend und gemütlich fährt, übersteht man diese größtenteils recht holprige Piste auch ohne größere Probleme. Das Problem ist glaube ich eher, dass man kaum die Augen auf die Straße gerichtet halten kann. Einen derartig atemberaubenden Ausblick hat man sonst nur selten. Ich kann gar nicht verstehen, wie man wochenlang durch Flüsse und Bäche paddeln kann, wenn man nicht zumindest zwischendurch einen Berg erklimmt. Irgendwie brauche ich die freie Sicht und lebe erst dort oben richtig auf. So kam es auch, dass ich ein steiles Schneefeld entlang des Highways kurzerhand zur Schneerutsche auserkor. Ist das schön, wenn man ab und zu dem kindlichen Spieltrieb freien Lauf lässt. Aber arschkalt war der Schnee trotzdem.
Nach einem kurzen Tank- und Food-Stop in Tok ging’s weiter in Richtung Anchorage und dann weiter nach Seward. Diesen „Abstecher“ haben wir uns ausgesucht, da uns leider bisher nich kein Wal vor die Linse kam. Ein Vorteil des nächtlichen Fahrens (hier in Südzentral-Alaska wird es um diese Jahreszeit in der Nacht sogar fast dunkel) ist, dass man hoffentlich etwas mehr Getier zu Gesicht bekommt. Besonders Elche laufen einem da immer wieder über den Weg. Auf dem Seward Highway in Anchorage hätt es wegen so einem Koloss auf vier Beinen beinahe direkt vor mir gekracht. Gerade noch mal gut gegangen. Bis ganz nach Seward schaffen wir es in dieser Nacht dann doch nicht mehr und haben deshalb entlang des Cook Inlet einen Parkplatz angesteuert und kurzerhand mal wieder im Auto übernachtet.
Am nächsten Morgen fuhren wir dann bei strömenden Regen die restlichen 100 Meilen nach Seward. Dort machten wir dann eine Wanderung auf den Mt. Marathon. Aber irgendwas scheint dieser Berg gegen mich zu haben. Bereits beim letzten Mal vor zwei Jahren, als ich ihn mit Oliver bewandern wollte, hatte er sich uns verweigert. Diesmal hatte ich zumindest den Anfang des Wanderwegs gefunden aber irgendwo müssen wir da falsch abgebogen sein. Auf jeden Fall endete der Weg hinter dem Berg auf etlichen Schneefeldern. Dank des Dauerregens wurde der Abstieg dann zu einer einzigen Schlammschlacht mit zwischenzeitlichen Rutschpartien. Durchnässt und etwas verfroren freute ich mich dann auf die abendliche Rundfahrt in der Resurrection Bay (inkl. Lachs-Dinner auf Fox Island).
Die Rundfahrt war ein Erfolg auf der ganzen Linien. Nicht nur da wir Seelöwen, die nach einem Bad Windsheimer benannt sind, Porpoises, Seeotter, Seeadler und einen Buckelwal sahen, sondern auch weil wir ein nettes Pärchen aus Fairbanks kennenlernten. Mit denen ging’s dann danach noch in die urige Yukon Bar.
Am Freitag Morgen war’s dann an der Zeit, Seward den Rücken zu kehren. Auf der Fahrt nach Fairbanks musste ich kurz in Anchorage bei „Barnes & Noble“ vorbeischauen. Für mich als alten Büchersammler ein absolutes Muss. Um den üblichen Stop bei Fred Meyer kamen wir auch hier nicht herum. Auf dem George Parks Highway traute ich dann meinen Augen nicht. Was ragte da direkt vor mir emport? Denali (oder wie viele ihn nennen Mt. McKinley) in seiner vollen Pracht und fast wolkenfrei, was im Sommer eine echte seltenheit ist. Und mir ist dieses Glück bei diesem Urlaub bereits zum zweiten Mal vergönnt. Einfach spitze.
Am Abend gab‘ dann Torsten seine berühmt berüchtigte Mitsommernachts-Feier. Diemsmal in einer vorgezogenen Version, da er uns Matthias am Sonntag eine dreimonatige Kanutour starten. Ganz so verrückt wie die Feiern der letzten Jahre ging’s diesmal nicht zu. Entweder es lag an den Gästen aus Übersee oder daran, dass noch nicht wirklich Mitsommernacht war. Aber Spaß hatten wir alle auf jeden Fall. Und das Essen (u.a. Lachs und Caribou) war auch klasse.
Am Sonntag machten wir uns in Torstens vollbepackten Pickup auf in Richtung Coldfoot. Dieser Ort am Dalton Highway (hier genannt „Haul Road“) jenseits des Polarkreises soll der Ausgangspunkt für die große Kanutour von Torsten und Matthias sein. Doch bevor wir die beiden verabschiedeten machten wir noch eine Wanderung querfeldein, die mir mal wieder gezeigt hat, wie schlecht es um meine Kondition steht. Das muss sich bis zu meinem nächsten Alaska-Trip ändern.
Am Koyukuk in Wiseman beluden Torsten und Matthias ihr Kanu und legten kurz darauf auch schon ab. Schon fasziniernd, wenn man bedenkt, dass die beiden die nächsten drei Monate auf dem Fluss verbringen werden. Wir fuhren dann den holprigen Dalton Highway zurück nach Fairbanks (ca. 300 Meilen, für die wir ca. acht Stunden brauchten). Dort angekommen, trafen wir dann gestern noch die letzten Vorbereitungen für unsere Rückkehr. Danach hatten wir mit Meli zusammen Dinner im Pump House und waren dort umgeben von einer Schar deutscher Touristen. Das sollte wohl unsere erste Einstimmung auf Deutschland sein.