Hektische Hauptstadt

Also um bei meinen letzten Worten anzuknüpfen – das mit dem Wal hat leider (noch) nicht geklappt, aber morgen verlassen wir die Hauptstadt mit der Fähre Richtung Skagway und diesmal sind wir nicht mit der Fast Ferry unterwegs, wie auf dem Weg hierher. Das heißt, wir sind gute sieben Stunden auf dem Meer und nicht nur zwei, also stehen die Chancen doch noch recht gut, einen solchen Giganten der Meere live zu erleben.

So, aber jetzt zur Hauptstadt an sich: Nach einer kurzen Überfahrt aus dem idyllischen Haines wurden wir in den „Molloch“ Juneau geschleudert – unvorbereitet. Wahrscheinlich hatten wir uns schon zu sehr an das ruhige, entspannte Leben in der „Provinz“ gewöhnt, auf alle Fälle war plötzlich alles zu hektisch, laut, verrußt und erschreckend anonym. Die Menschen lächelten einen nicht nett an, oder grüßten, wie das in den anderen Orten üblich ist, jeder hetzte bloß durch die zugegebenermaßen sehr schönen Straßen auf der Jagd nach Souvenirs, Fotos oder was auch immer … Nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte – in meinen Vorstellungen hatte Juneau einen viel charmanteren Charakter mit mehr historischerm Charme (und eindeutig weniger Menschen). Erschwerend kam hinzu, dass just vor unserem Eintreffen drei Kreuzfahrtschiffe angelegt hatten, mit je 1500 bis 2000 Passagieren an Bord, oder vielmehr in der Stadt unterwegs. Kurzum wir schossen ein paar Fotots, sprangen wieder in unser Auto und nix wie raus Richtung Mendenhall Glacier.

Der Gletscher ist die Hauptattraktion der Hauptstadt und wir hofften, hier draußen im ihn umgebenden Tongass Forest einen Campingplatz zu finden. Ich machte mir zwischendurch schon ein paar Vorwürfe, schließlich hatte ich Micha dazu überredet, Juneau mit auf den Reiseplan zu nehmen, obwohl er dagegen war. Aber als wir hier draußen am Gletscher ankamen, war es gleich viel friedlicher – und da waren sie wieder, diese unvergleichlichen Wälder, noch schöner als in Haines, da noch mehr mit Moos behangen. Hier in Juneau regnet es nämlich überdurchschnittlich viel – aber nicht so lange wir da sind. Es ist sowieso ein kleines Wunder, seit wir unsere Füße auf alaskanischen Boden gesetzt haben, herrscht hier sonniges Bilderbuch-Wetter. Toi, toi, toi!

Nach einem obligatorischen Besuch bei meinem neuen Freund „Fred Meyer“ veranstalteten wir ein feudales Abendessen mit all den leckeren, ungesunden Dingen, die man sich zu Hause verkneift. Also, wenn ich hier leben würde … Ich kann verstehen, dass die Menschen hier gelegentlich zuviel auf den Rippen haben, obwohl es in Alaska nicht soviele XXL-Menschen gibt, wie in den Lower 48 (na, bin ich nicht schon ein echter Alaska-Kenner…?).

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Oh Schreck, Touristenmassen

Gestern als wir von der Fähre kamen und die 12 Meilen in Richtung Juneau fuhren, bekamen wir einen ziemlichen Schreck. Vor der kleinen Hauptstadt Alaskas lagen drei gigantische Kreuzfahrtschiffe vor Anker. Dementsprechend ging es auch Downtown zu. Touris über Touris. Wir quälten uns durch die engen Straßen, die trotz der Menschenmassen, die hier regelmäßig aus den Mäulern der See-Riesen gespien werden, sehr malerisch aussehen. Nach kürzester Zeit hatten wir jedoch genug und machten uns, nach dem Aufstocken unserer Vorräte bei Fred Meyer, auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht, die wir am Mendenhall Campground fanden. Der Campingplatz liegt direkt am Mendenhall Lake, in den der Mendenhall-Gletscher seine Mendenhall-Eisberge kalbt. Dementsprechend kühl ist es dort. Aber zumindest hatten wir dort Ruhe vor dem Verkehrschaos in Downtown Juneau.

Heute wollten wir auf eine von Park Rangern geführte Wanderung gehen. Doch leider fiel die Vormittags-Vorstellung wegen mangelndem Interesse aus und auf die Nachmittags-Ausgabe wollten wir dann auch nicht mehr warten, also beschlossen wir, uns den East Glacier Trail vorzuknöpfen. Die Auskunft eines mit der Gesamtsituation anscheinend zufriedenen Rangers, dass sich dort eine Bärin mit ihren zwei Jungen rumtriebe, sorgte schon für ein etwas komisches Gefühl in der Magengegend. Schon seltsam. Auf der einen Seite will man dem wilden Tier begegnen, auf der andere Seite aber am liebsten nur aus sicherer Entfernung. Woher nur kommt dieser Widerspruch aus Suche nach Gefahr und dem Wunsch nach deren Kalkulierbarkeit.

Auf die Frage, ob sie im Shop auch Bärenspray verkaufen würden, meinte der Ranger nur, dass man das nicht unbedingt benötige. Yeah, right! Fragt sich nur, weshalb dann doch jeder einzelne der Ranger am Gürtel eine solche Dose baumeln hatte. Naja, egal. Ab auf den Trail. Nach einigen Metern verstärkte sich jedoch mein mulmiges Gefühl, nicht zuletzt durch den recht frischen, fast noch dampfenden Haufen Bären-Scheiße. Scheiße, im wahrsten Sinne des Wortes. Mit einer Bärin in Begleitung ihrer beiden Sprösslinge ist bekanntlich nicht zu spaßen. Also überzeugte ich Astrid, dass wir vielleicht doch unter Umständen zurück gehen sollten.

Da kam uns ein Rentner-Ehepaar aus Kanada zu Hilfe. Sie meinten, sie haben früher in Calgary gewohnt und wären so zusagen „bärenerfahren“. Sowas überzeugt und außerdem übernahmen sie freiwillig die Führung. Aus der fast abgebrochenen Wanderung entwicklete sich dank Mary Ann und Nigel, die, wie sie uns später erklärten, ursprünglich aus Großbritannien kamen (ehrlich gesagt war das British English kaum zu überhören), zu einem interessanten und unterhaltsamen Vormittag.

Die letzten Eintragungen luden wir übrigens in der Juneau Public Library hoch. Auch wenn die Hauptstadt Alaskas etwas enttäuschend war, so gab es dort zumindest einen kostenlosen WLAN-Zugang. Ein Traum, nach so langer Internet-Abstinenz. So zusagen ein echtes „must see“ für reisende Internet-Junkies wie mich.

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Liebe auf den ersten Blick

Ich habe mich verliebt – und zwar in Haines. Diese kleine Küstenstadt im Südosten Alaskas hat alles, was man sich nur wünschen kann. Meer, riesige Berge und Gletscher nur einen Steinwurf davon entfernt, und märchenhafte Wälder, die aussehen, als ob sie als Filmkulisse für „Der Herr der Ringe“ gedient hätten. Außerdem hat dieses kleine Städtchen einen Supermarkt, in dem man alles haben kann, was das Herz begehrt – sogar Salzstangen (meine kleine persönliche Sucht …). Aber immer schön der Reihe nach. Als wir vorgestern Haines Junction verließen, sind wir schnurstracks Richtung Haines weitergefahren, wobei wir unterwegs wie die Verrückten nach Bären und anderen tierischen „Sehenswürdigkeiten“ Ausschau gehalten haben. Aber die Tiere haben sich gut versteckt. Auch die Weißkopfseeadler, die sich normalerweise nahe Haines im Alaska Chilkat Bald Eagle Preserve tummeln, hatten beschlossen, sich an diesem Tag mal ’ne Auszeit vom anstrengenden „Sich-von-Touristen-begucken-lassen“ zu nehmen. Aber wir haben ja noch soooooo lange Zeit, da bin ich guter Hoffnung, noch viel von der alaskanischen Fauna zu sehen. In Haines angekommen, haben wir uns erst mal um einen Zeltplatz gekümmert – ich bin ja gespannt, wie meine „alten Knochen“ den fast unmittelbaren Kontakt mit Mutter Erde so finden werden. Nach einem Spaziergang durch Haines und einem Besuch bei den „Chilkat Dancers“ haben wir uns ein leckeres Abendessen gegönnt – Fish & Chips in einem Retaurant mit Meerblick (was will man mehr zum Glück?).

Am darauf folgenden Tag stand ein Hike auf den Mt. Riley an – durch einen der oben schon erwähnten Zauberwälder. Ich als alter „Wald-Mensch“ konnte gar nicht genug davon kriegen und bin alle paar Meter stehen geblieben, um zu schauen und zu fotografieren. Ich glaube, ich habe Micha ganz schön genervt (obwohl er ja sehr geduldig ist). So auf halbem Weg blieb Micha plötzlich wie angewurzelt stehen – ein Bär? Nein, aber doch eine recht frische Spur von einem. Oh, oh, plötzlich wird einem so richtig bewusst, dass die Viecher ja wirklich jeden Moment vor einem stehen könnten. Ein wenig mulmig wird einem da schon zumute … Na ja, wir haben von da an die Ratschläge aus den Reiseführern, immer laut zu reden, konsequent berücksichtigt – ich habe Micha so ziemlich alle Storys zum „Making of“ vom „Herrn der Ringe“ erzählt, an die ich mich noch erinnern konnte. Micha hat’s ertragen und die Bären hat es ferngehalten … Abends haben wir uns im gleichen Restaurant wie am Tag zuvor eingefunden und diesmal hatte ich meinen ersten Burger, jawoll!

Heute am Mittwoch (ich glaube zumindest, das heute Mittwoch ist, obwohl Micha heute früh ’ne Zeitung gekauft hat, die vom Dienstag war) stand der Strand auf dem Programm. Nach einem recht anstrengenden Marsch über den steinigen Strand, bei dem ich wieder so viele schöne Fotomotive entdeckt habe, dass ich nur am Hin-und-Her-Hüpfen war, sagt Micha auf einmal: „Guck mal da!“ Und da stand er – Ein Grizzly. Das klingt jetzt dramatischer als es war, denn der Bär war bestimmt noch ein paar hundert Meter entfernt, aber trotzdem, es wird einem schon ganz schön mulmig. Die Überlegungen, ob wir noch näher rangehen sollen, waren auch dementsprechend kurz und wir entschlossen uns, den Rückzug anzutreten. Denn, wer weiß, vielleicht hatte der Bär ja den gleichen Gedanken, und wollte sich uns mal näher angucken … Denn, wie heißt es so schön: Besser feige, als ein toter Held. So, ich muss für heute schließen, mehr gibt’s wenn wir in Juneau sind, der Hauptstadt Alaskas, wo wir morgen früh mit der Fähre hinfahren – und wer weiß vielleicht wird ja da mein Traum schon wahr, dass ich einen Wal sehen kann …

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Durch Kanada zurück nach Alaska

Nach unserer kurzen Stipvisite im Yukon, der auf dem Weg von Fairbanks nach Haines unumgänglich ist, wenn man die Landroute wählt, sind wir wohlbehalten in Haines angekommen. Die Fahrt hierher war überraschenderweise überwiegend baustellenarm. Die einzige nennenswerte (da mehrere Kilometer lange) Baustelle war allerdings genau bei dem Campingplatz in Destruction Bay (am Kluane Lake), den wir eigentlich ansteuern wollten.

Bei der Aussicht auf nächtliche Sprengungen und dröhnende übergroße Baustellenfahrzeuge entschlossen wir uns kurzerhand für die Weiterfahrt. Wäre aber schon interessant gewesen, wie der Fahrer des „pilot cars“ reagiert hätte, wenn er plötzlich seinen einzigen „Verfolger“ am Campingplatz verloren hätte. Zur Erklärung für Alaska-Unerfahrene: „pilot cars“ werden bei längeren Baustellen dazu eingesetzt, um die Fahrzeuge wohlbehalten von einem Ende zum anderen zu bringen. Böse Zungen behaupten, dass dies nur eine alaskanische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist.

Auf jeden Fall wollten wir gleich weiter bis Haines Junction fahren, wobei wir unterwegs schlapp machten und ein paar Stunden auf einem Parkplatz schlafen mussten. Als wir dann am nächsten Morgen die restliche Strecke nach Haines Jct. fuhren, wurde uns bewusst, dass wir es fast geschafft hatten. Das kommt davon, wenn man nicht auf die Entfernungs-Angaben achtet.

Von Haines Junction ging’s dann über die Berge weiter nach Haines selbst. Dem historischen Dalton Trail folgend windet sich die Haines Road vorbei an einer beeindruckenden verschneiten Bergkulisse, gesäumt von kleinen mit Eisschollen gespickten Seen.

Am Tag nach unserer Ankunft machten wir uns auf den Weg auf den Haines’schen Hausberg, Mt. Riley. Vier lange Meilen bergauf und dann wieder bergab. Eine echte Herausforderung für einen, der den ganzen Tag und die halbe Nacht am Computer sitzt. Aber ich denke, ich habe mich ganz gut geschlagen. Unterwegs spielte ich etwas Chingachgook und entdeckte einen recht frischen Bären-Abdruck, der höchstwahrscheinlich von einem Schwarzbären stammte. Ach deshalb die vielen „You are in bear country“-Schilder. Wer hätte das gedacht. Zum Glück machten wir unser Picknick auf dem Gipfel ohne Bären. Dafür mit einem 360-Grad-Ausblick. Very picturesque.

Zurück in Haines fuhren wir in den Chilkoot State Park, um uns den dortigen Campingplatz anzuschauen. Eingehüllt in eine Moskito-Wolke entschlossen wir uns gegen diese Übernachtungsmöglichkeit und fuhren wieder zurück in Richtung Downtown. Unterwegs machten wir kurz Halt bei Rebeccas Eltern, die eine kleine Bäckerei haben, die allerdings erst Mitte Mai, pünktlich zur Touri-Zeit auf macht. Wir überraschten Sie bei den Vorbereitungen für die Saison. Prompt wurden wir für den nächsten Abend zum Essen eingeladen. Ich bin immer wieder aufs neue von der Herzlichkeit der Alaskaner begeistert. Diese zeigt sich schon beim Autofahren. Gerade wenn man durch Haines fährt kommt man aus dem Grüßen fast nicht mehr heraus. Jeder grüßt hier jeden, egal ob Tourist oder Einwohner. Wobei die meisten Touristen schon etwas zögerlich sind. Da wir das ja bereits aus Fairbanks kannten fiel es uns natürlich schon etwas leichter und wir wunderten uns nicht mehr ganz so sehr. Eine Herzlichkeit, die mir bereits an der Ostküste Kanadas aufgefallen war. Man möge fast meinen, das komme vom martitimen Klima. Vermutlich liegt das aber wohl eher an der besonderen Lebenseinstellung der Bevölkerung dort wie hier.

Auf den Rat von Rebeccas Vater hin fuhren wir heute in den Chilkat State Park, um den felsigen Strand in Richtung Seduction Point zu erkunden. Ehrlich gesagt bin ich immer wider froh, dass wir so früh hier sind und somit den Touristen-Strömen zuvorkommen. So treffen wir unterwegs überwiegend auf Einheimische oder ein paar reisende Rentner. Der Felsenstrand war auf jeden Fall menschenleer. Somit sind wenigstens die Bären dort draußen nicht übermäßig gestört, was natürlich auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dort auf den einen oder anderen Petz zu stoßen. Gerade in einer solch windigen und geräuschvollen Kulisse sollten man schon etwas auf der Hut sein, da wir gegen die Windrichtung liefen und uns die Bären weder hören noch riechen könnten. Diese Vorsicht erwies sich nach einiger Zeit als durchaus angebracht. Astrid war gerade mit der Kamera ein paar Meter weiter, während ich mit dem Fernglas die vor uns liegende Küste inspizierte, als ich ein hellbraunes Fellbüschel in einiger Entfernung erkannte. Ein echter Braunbär. Zum Glück noch einige Hundert Meter weit weg. Da er sich auch in die entgegengesetzte Richtung trollte, wollten wir ihm auch nicht weiter auf den Pelz rücken und machten uns schleunigst wieder auf den Rückweg.

Dinner gab’s dann bei Rebeccas Eltern, Sally und Tom, deren Haus inkl. kleiner Touri-Bäckerei an der Mündung des Chilkoot Rivers in den Lutak Inlet liegt. Versteckt zwischen Fichten hat man aus deren Haus einen traumhaften Blick auf Fluss und Bucht. Wie sie uns berichteten, kommen dort auch regelmäßig Braunbären vorbei, von denen sie wie von alten Bekannten sprachen. Im Auftrag von Forschern schreiben sie deren Auftauchen akribisch auf. Sogar Namen haben die Bären von den Forschern verpasst bekommen, um ihnen die unwürdige Numerierung zu ersparen. Nach dem Essen führte uns Sally in ihren Garten, der nicht nur für alaskanische Verhältnisse beeindruckend war. Die beiden führen aus unserer zivilisatorisch verblendeten Sicht ein Leben wie aus einer anderen Zeit an einem Fleckchen Erde, das einem die Ursprünglichkeit des Lebens jeden Tag aufs neue spüren lässt.

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On the road

Nun sind schon vier Tage vergangen, und das geht hier wie im Flug, die soviele Erlebnisse gebracht haben, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll … Am besten chronologisch. Am zweiten Tag gab es abends noch eine große Aufregung – angeblich bewegte sich ein Waldbrand direkt auf die Cabin unserer Gastgeber Torsten und Rebecca zu. Da die beiden zu dem Zeitpunkt gerade beim Nachschub kaufen für ihre hungrigen deutschen Gäste waren (Amerika ist ja schlichtweg das Einkaufsparadies, ich liebe es!), waren Micha und ich doch recht ratlos, was zu tun wäre. Die Nachbarn waren mit ihrem Hausstand auf dem Truck schon auf der Flucht … Doch als Rebecca und Torsten dann endlich kamen, hatte sich die Situation schon entspannt und es gab Entwarnung. Puh – soviel Aufregung am zweiten Tag. Unser Versuch zu Fuß zum Feuer vorzudringen, um uns selbst ein Bild davon zu machen, ob das Schlafen in dieser Nacht lohnen würde, wurde von einem recht unzugänglichen Forest Service Mitarbeiter unterbunden. Nun gut, so marschierten wir wieder nach Hause und genossen unseren wohlverdienten Schlaf.

Der nächste Tag, Samstag, war eine Herausforderung für Micha: Hiking mit vier Frauen … Seine gute Freundin Meli, auch eine Deutsche aus dem Schwabeländle, hatte eine Wanderung organisiert und gleich noch drei Freundinnen und drei Hunde mitgebracht (davon war nur einer weiblich). Wickersham Dome war das Ziel unseres Ausflugs, bei dem wir die Baumgrenze passierten, und die sogenannte Tundra-Vegetation zu sehen bekamen, und natürlich die Berge, die hier allgegenwärtig und verdammt eindrucksvoll sind. Ich weiß nicht, wieviele Bilder ich schon von jedem erdenklichen Berg von Fairbanks bis Haines Junction (hier sind wird heute Morgen gestrandet, weil wir warten müssen, bis die Tanke aufmacht) geschossen habe. Und das gegen den Rat meiner Chefin, die ausdrücklich nach Bildern von Menschen verlangt hat, nicht zuviele „langweilige“ Berge. Naja, wir werden 799 langweilige davon löschen … Zurück zum Hiking. Danach stärkten wir uns in einem typischen amerikanischen Truck-Stop. Ich falle stets durch mein unamerikanisches Essensverhalten auf, während Micha sich ja perfekt tarnt – und ständig von den Leuten Honig um den Bart geschmiert bekommt, wie akzentfrei sein Englisch ist. Im Vergleich zu meinem „Gegatze“ … Die Bedienung guckte mich an, als ob ich den Verstand verloren hätte, als ich meine Waffel nur mit Sirup und nicht mit Sahne und Erbeeren wollte, wobei ich mich ja sowieso schon als verdächtig entpuppt habe, nachdem ich bis heute noch keinen Burger bestellt hab, aber das kommt noch … Hier gibt es eh so viele neue Essens-Erfahrungen zu machen, das ist so aufregend! Ach ja abends gab’s dann noch Barbeque bei Meli, bei dem sich Micha als perfekter Grillmeister entpuppte, dem nur zwei von den zehn Würstchen in den Dreck gefallen sind, sehr zur Freude der Hunde. Es gab Bratwurst und sogar Beer-Bratwurst (so was gibt’s glaub ich nur hier, oder?).

Gestern waren wir den ganzen Tag „On the Road“ und legten alles in allem rund achthundert Kilometer zurück und fotografierten wie schon erwähnt so ziemlich jedes Bergmassiv. Tja und nun sitzen wir hier in Haines Junction, haben so gegen fünf ein cooles Frühstück veranstaltet, im wahrsten Sinne des Wortes, denn es hatte kaum mehr als fünf Grad draußen, und warten jetzt vor einer mal wieder unglaublichen Bergkulisse im Sonnenaufgang, dass die Tankstelle aufmacht. Ach ja, das mit der Sonne und dem Licht generell, ist ja auch eine faszinierende Sache für jemanden wie mich, der noch nie im Nordland war. Es wird ja eigentlich nie richtig dunkel, denn wir nähern uns jetzt der Sommersonnenwende. Gestern hatten wir um zwölf Uhr nachts am Kluane Lake noch ein tolles Abendrot. Für mich, die es zum Schlafen dunkel braucht, ist das allerdings anstrengend, denn das heißt Fenster verhängen, oder sich was auf die Augen legen. Vielleicht hätte ich Michas Vorschlag, eine Schlafbrille mitzunehmen, doch nicht als „affig“ abtun sollen…? Aber egal, was uns nicht tötet, härtet ab. Wer braucht schon mehr als drei, vier Stunden Schlaf am Tag, doch wohl nur Mädchen … So, es ist nun mittlerweile fast sieben und die Tankstellenbetreiber haben sich immer noch nicht erbarmt, uns einen „Schluck“ der „Großen Freiheit“ zu geben. Mal sehen, wann es was gibt. Heute wollen wir noch bis Haines, im Vergleich zu gestern nur ein Katzensprung, wo wir laut Micha „ein bisschen in der Gegend“ rumschauen. Was daraus wird, berichte ich Morgen oder wann auch immer …

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