Goldrausch

Nachdem wir Whitehorse verlassen hatten gings schnurstraks weiter nach Dawson City, dem Mekka des Golrauschs. Diese Stadt kommt wirklich noch so daher wie vor hundert Jahren, es scheint sich nicht wirklich viel geändert zu haben. Am Yukon, der friedlich auf seinem Weg zur Beringsee hier vorüberzieht, liegt ein historischer Schaufelraddampfer in der goldenen Abendsonne, neben windschiefen, verfallenen Häusern prangen Saloons mit prächtigen „false fronts“, den falschen Fassaden, die die Goldgräber in die Spiel- und Vergnügungshöllen locken sollten. Auch wir wollten uns heute Abend in eine solche begeben. Bei „Diamond Tooth Gertie’s“ schauten wir uns eine Aufführung mit Can-Can-Tänzerinnen an und ließen uns von der Atmospäre gefangen nehmen. An den Spieltischen neben uns wurde Roulette und Black-Jack gespielt und damals wie heute versuchen die Menschen hier ihr Glück zu machen. Damals wie heute in den wenigsten Fällen mit Erfolg.

Nach der Show machten wir einen Ausflug zum Midnight Dome, wo ich einen der spektakulärsten Sonnenuntergänge meines Lebens zu sehen bekam. Unglaublich schön. Am nächsten Morgen stand Kultur auf dem Programm, also ab ins Museum, wo wir uns gleich auch unsere Belohnung abholten. Wofür? Wir hatten bei einem Wettbewerb mitgemacht, bei dem es darum ging, soviele Museen wie möglich zu besuchen. Wir hatten sechs von 13 geschafft und bekamen ein Poster (hab‘ aber noch keine Zeit gehabt, es anzugucken).

Danach, ich hatte im Museum eine Broschüre über Dawsons alte Friedhöfe entdeckt, habe ich Micha wieder auf einen Friedhofstrip mitgeschleppt. Dawson hat sehr viele Friedhöfe, für verschiedene Konfessionen, Berufgruppen und aus verschiedenen Epochen. Denn zur Goldgräberzeit war Dawson die einzige Stadt mit Krankenhaus und so wurden viele Kranke hierhergebracht, die es dann doch nicht geschafft haben. Auch einige Deutsche waren darunter, lustigerweise gleich daran zu erkennen, dass sie einen Grabstein haben, wie es bei uns Sitte ist. Die anderen Gräber haben nur schlichte Holztafeln, denn Steine mussten per Schiff herangeschafft werden, denn in Dawson und Umgebung hatte wahrscheinlich keiner Lust sich als Steinmetz zu verdingen, wenn es doch nach Gold zu graben galt.

Nach einem schnellen Imbiss, Micha wurde schon langsam ungeduldig, denn wir hatten ja noch etwa 650 Meilen bis Seward zurückzulegen, gings auf die Fähre, die uns über den Yukon bringen sollte. Der „Top of the World Highway“, bescherte uns traumhafte Ausblicke auf eine unglaublich schöne Landschaft. Mittendrin, beim Anblick eines riesigen Schneefelds, packte Micha der Rappel und er beschloss, da mal kurz runterzurutschen. Nach diesem und noch anderen kurzen Stopps am Wegesrand wurde es natürlich wieder viel zu spät und wir haben uns irgendwo am Wegesrand entlang des Cook Inlets ein Plätzchen zum Schlafen gesucht.

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Relikte aus vergangener Zeit

Natürlich sind wir mal wieder nicht ganz im Zeitplan geblieben, wir waren viel zu spät auf dem Campground um noch „einzuchecken“, also bauten wir unser Zelt so auf und holten das am nächsten Tag nach. Aber egal, wir sind ja im Urlaub und es gibt „by the way“ so viel zu entdecken und zu fotografieren, es ist so unglaublich hier. Auf dem Weg von Skagway nach Whitehorse passierten wir die kanadische Grenze und kamen an Carmacks vorbei, wo wir mal wieder einen kurzen Fotostop einlegten. Carmacks war ein wichtiger Knotenpunkt für die Goldsucher auf ihrem Weg ins Gelobte Land, den Yukon hinunter bis nach Dawson City, dem El Dorado der Goldgräber (wo wir morgen Abend sein wollen). Unzählige alte Kutschen, Eisenbahnwaggons und rostige alte Maschinen, die die Goldgräber all die Kilometer bis zu ihren Claims über die Pässe geschleppt haben erinnern am Wegesrand daran, welche Torturen die Glücksritter auf sich nahmen, um an Gold zu kommen. Wobei viele gar keins fanden, weil die Claims abgesteckt oder abgefrühstückt waren – und sie blieben trotzdem, weil sie dem „Spell of the Yukon“ verfallen waren … Also irgendwie macht mich die Atmosphäre hier doch sehr sentimental, verzeiht. Spätestens in Fairbanks ist das wieder vorbei.

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Auf den Spuren der Goldsucher

In der Nacht vor unserer Fahrt am Samstag mit der Fähre von Juneau nach Skagway (ca. 7,5 Std.) erreichte uns auch der für den Nordwesten übliche Regen. Ein perfektes Wetter für den Abschied von Juneau. Wir hofften nur, dass Skagway nicht auch von dieser Wolke eingeschlossen war. Leider wurden wir enttäuscht. Auch dort war der hinsichtlich der Waldbrandgefahr dringend notwendige Regen angekommen. Nachdem bereits die vorherige Nacht eher feuchtkalt und ungemütlich, unser Außenzelt völlig durchnässt und ich genervt vom Klang der Tropfen auf dem Zeltdach war, gönnten wir uns ein trockenes Zimmer im Westmark.

Der Sonntag begrüßte uns dagegen mit strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel. Also fuhren wir nach Dyea, dem Nachbarort von Skagway, der eigentlich nicht mehr existiert. Doch zur Zeit des großen Goldrauschs war Dyea sogar größer als Skagway und der Hafen, an dem Jack London das Nordland betreten hat. Heute hat sich die Natur die Überreste des Ortes größtenteils einverleibt . Auf einem Spaziergang durch die „Straßen“ von Dyea mit einer der Park Rangerin Connie erhielten wir einen erstklassigen Einblick in die Geschichte des Ortes von vor dem Goldrausch bis heute. Eine typische „boom and bust“-Geschichte, wie man sie in den meisten Büchern nachlesen kann.

Von Dyea aus führt der Chilkoot Trail über den berühmt berüchtigten gleichnamigen Pass. Dies war der beschwerliche und für viele tödliche Weg, den eine Vielzahl der Goldsucher zu den Goldfeldern des Klondikes führen sollte. Eigentlich wollten auch wir diesen 33-Meilen-Trail bewandern. Aufgrund der doch noch winterlichen Witterung am Pass und Lawinenwarnungen, verwarfen wir diesen Plan. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich komme wieder, keine Frage.

Danach ging’s zurück nach Skagway zum Touri-Shopping und einem weiteren geführten historischen Spaziergang. Zufälligerweise gerieten wir dort an einen Park Ranger, der allem Anschein nach der Ehemann von Connie war. Beides beeindruckende Persönlichkeiten mit einem wahren Naturtalent als Edutainer. Beiden gelang es auf anschauliche und unterhaltsame Weise Geschichte lebendig zu machen. Das ist selbst vor einer solch beeindruckenden Kulisse, wie Skagway sie zu bieten hat, eine tolle Leistung.

Am gestrigen Nachmittag machten wir uns auf den Weg in Richtung Whitehorse, über den White Pass, vorbei an Carcross mit seiner „kleinsten Wüste der Welt“. Durch die einstündige Zeitverschiebung kamen wir hier erst gegen 22.30 Uhr an und ließen uns auf dem Campingplatz bei den Takhini Hot Springs nieder. Nachdem es dann heute Nacht wieder regnete, begannen wir den heutigen Tag mit Indoor-Aktivitäten und besuchten das Beringia Interpretive Center, um uns einen Eindruck davon zu verschaffen, wie es hier zur Zeit von Mammut und Mastodon aussah.

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich neben der geschichtsträchtigen S.S. Klondike und blicke auf den Yukon River. Von einem vorbeikommenden Touristen habe ich außerdem erfahren, dass Staples einen offenen WLAN-Zugang hat. Den werde ich dann hoffentlich später nutzen können, um diesen Eintrag hochzuladen. Wir haben uns jetzt doch für eine etwas gemütlichere Location entschieden. Zola’s Café Doré (Main St.) bietet kostenlosen WLAN-Zugang bei vorzüglichem Kaffee.

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Lebendige Vergangenheit

Oh Mann, oh Mann! Wenn ich gewusst hätte, wie lange die Überfahrt von Juneau nach Skagway dauert, hätte ich mir nochmal überlegt, ob wir es wirklich in unseren Reiseplan aufnehmen sollen. Aber im Nachhinein war es gut so, denn es war ja nach den überwundenen Anfangsschwierigkeiten wunderschön (und ihr wisst ja, je länger etwas zurückliegt, desto schöner wird es) und außerdem kommt man ja wirklich nicht so leicht hin – also once in a lifetime. Ich glaube, die wenigsten Alaskaner haben ihre Hauptstadt schon einmal selbst besucht. Es hat uns jedenfalls fast den ganzen Tag gekostet, von Juneau in die alte Goldgräberstadt Skagway zu kommen (da es der erste wirklich verregtnete Tag war, war es aber ganz o.k.).

Abends legten wir dann, wie einst die hoffnungsvollen jungen Golgräber etwa hundert Jahre vor uns, im beschaulichen Hafen der historischen Stadt an. Es war wunderschön, all diese gut erhaltenen Häuser, Saloons, Bars und Einkaufsläden zu sehen, und all die Menschen, die über die hölzernen Bürgersteige flanierten. Wären sie nicht ganz so modern gekleidet gewesen, mann hätte sich leicht in die Zeit der Goldgräber und Glückssuchenden zurüch versetzt fühlen können. Nach einem Spaziergang durch die Stadt machten wir einen Einkehrschwung im Red Onion Saloon, der damals zu den angesagtesten Etablissements der Stadt gehört hat – ein wirklich geschichtsträchtiger Ort und auch heute noch sehr beliebt bei Touristen, Einheimischen und unzähligen jungen Leuten aus aller Welt, die ihr Geld als Tourguides hier verdienen.

Am darauffolgenden Tag, der uns in gewohnter Weise mit strahlendem Sonnenschein begrüßte, entschlossen wir uns einen netten Platz für ein ausgiebiges Morgenmahl zu suchen und fuhren raus aus Skagway Richtung Dyea, einst eine Boomtown des Goldrausches, heute zu Staub und Rost zerfallen. Auf der Suche nach einem netten Picknickplatz fanden wir einen Gruppe von Leuten, die auf einen geführten Hike mit einer Rangerin warteten. Nach einigem Hin-und-Her (ich hatte ja noch nichts gefrühstückt!!!) entschlossen wir uns, mitzugehen. Micha hat nämlich ständig Bedenken, allein mit mir irgendwo rumzuwandern, weil ja jeden Augeblick ein Bär auftauchen könnte. Aber das ist schon o.k. Ich hab nur so ’ne große Klappe, weil ich noch nie einen aus der Nähe gesehen habe. Auf alle Fälle war das eine sehr gute Entscheidung, denn unsere Führerin Connie vermittelte uns ein sehr anschauliches und lebendiges Bild der ehemals 10.000-Seelen-Stadt, von der heute nur ein paar armseelige Balken, Bretter und rostige Relikte übriggeblieben sind. Alles ist genauso schnell wieder vergangen, wie es entstand – und das ganz spurlos, denn die Bauwerke waren alle nur aus Holz. All das ist heute verrottet oder, wie Connie uns erzählte, von faulen Campern als Brennholz verwendet worden. Tja, es ist ein ständiges Werden und Vergehen.

Mann kann da schon ein bisschen wehmütig werden. Um diese Stimmung noch zu verstärken, besuchten wir den Slide Cemetery, einen alten Friedhof in der Nähe von Dyea, wo all die toten Goldgräber begraben sind, auch unzählige die bei einem schlimmen Lawinenunglück 1898 umgekommen sind. Dass ist schon eine einzigartige Atmosphäre, im stillen, vom Regen der vorherigen Nacht dampfenden Wald zu stehen und sich die Schicksale so vieler junger, hoffnungsvoller Menschen vorzustellen, die dann so jäh beendet wurden. Aber genug der Sentimentalität – wir leben im hier und jetzt und ich hatte immer noch nichts hinter die Kiemen beommen. Also Mission Frühstück oder beser Brunch. Vorher passierten wir aber noch den Einstieg zum Chilkoot-Trail, den wir wegen Schnee und Eis auf dem Pass abgesagt haben. Ich denke, das war wirlich das Beste, denn mich hat ja teilweise auf dem Zeltplatz schon im Zelt gefroren. Außerdem haben wir uns einen Film im Touri-Infocenter angeguckt und der Trail ist schon bei schönem Wetter kein Zuckerschlecken. Also ich denke, das ist eines der Dinge, die beim nächsten Alaska-Besuch anstehen. Ja ihr habt Richtig gehört, ich denke wirklich, das ich nochmal wiederkommen muss…

Nach der mittlerweile sehr notwendigen Essensaufnahme (Bei leerem Magen werde ich leicht unleidig…) fuhren wir zurück nach Skagway und machten eine Stadtführung mit. Also diese Ranger sind ja wirklich ein lustiger Haufen – die reinsten Entertainer und man hat nie das Gefühl, dass ihnen die Touris auf die Nerven gehen, obwohl sie unzählige davon pro Saison durch die historischen Straßen schleusen. Unser Guide erzählte uns sehr anschaulich, was sich vor gut hundert Jahren so in den Straßen von Skagway ereignet hat und einige Interessante Strorys über die Schicksale einzelner Glückssuchender. Wie die Geschichte der jungen Mary, die der Aufforderung ihres Verlobten folgte und mit dem Schiff nach Skagway kam, um ihn, der mittlerweile Gold gefunden hatte, zu heiraten. Sie mietete sich im Hotel der Stadt ein und wartete auf sein Auftauchen. Eine Woche, zwei, drei – doch er kam nicht. Irgendwann ist sie dann aus lauter Gram gestorben. Und natürlich sieht man ihren Geist dann und wann, in ihrem Hochzeitskleid, durch die Gänge des Hotels irren, auf der Suche nach ihrem verschollenen Geliebten … Schöööön traurig, gell? Schnief. Soviel zur Historie oder was ich mir davon gemerkt habe. Leider mussten wir der Stadt schon am Nachmittag den Rücken kehren, um am Abend in Whitehorse zu sein. Also: hit the Road, Jack …

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Gletscher-Idylle und Bären-Alarm

Nach einer recht kühlen Nacht (mein Schlafsack hält irgendwie nicht so recht, was er verspricht) und einem üppigen Frühstück (Essen zählt zu meinen neuen Lieblingsbeschäftigungen, wie euch wahrscheinlich unschwer entgangen sein dürfte) starteten wir zum Mendenhall Glacier, wo wir einen kurzen Hike mitmachen wollten. Leider waren keine Ranger zugegen, die eine geführte Tour gemacht hätten, so entschlossen wir uns, allein loszuziehen. Allerdings demotivierte uns gleich zu Beginn ein Ranger mit dem freundlichen Hinweis, dass auf der von uns erkorenen Route grade erst eine Bärin mit ihren zwei Jungen gesichtet worden war.

Nach einigen zögerlichen Metern und dem Hin-und-Her-Überlegen, ob wir doch erst Bärenspray kaufen sollten, begegnete uns ein älteres Ehepaar aus Kanada, das uns anbot doch mit ihnen zu gehen. Die beiden hatten Bären-Erfahrung und in der Gruppe ist es doch sicherer. Gesagt, getan – und es wurde eine sehr schöne Tour, die beiden Rentner, echte Welltenbummler, gaben unterhaltsame Geschichten zum Besten und waren eine echte Bereicherung. Irgendwie kommt man in diesem Land wirklich mit jedem ins Gespräch, die Menschen sind viel offener, wenn nicht soviele davon herumlaufen.

Nachmittags beschlossen wir, Juneau eine zweite Chance zu geben. Vielleicht hatten sich all die Kreuzfahrer (zu denen übrigens auch unsere zwei Wegbeleiter vom Vormittag gehörten) mittlerweile verkrümelt. Zuerst besuchten wir das Alaska State Museum, wo es alles über die Kultur der Ureinwohner zu erfahren gab (viel zu viel Input für mich, und bis ich all die vielen Erklärungstexte gelesen hatte…). Danach stand ein Bummel nach Downtown auf dem Programm mit anschließenden Besuch in der Bibliothek, wo wir online gegen konnten und abschließendem Besuch bei – Na wer weiß es? Richtig: „Fred“ meinem neuen Freund.
Nach einem echt scheußlichen Dosen-Abendessen (Morgen in Skagway gehen wir zum ausgleich richtig schön Essen) habe ich unzählige Postkarten und meinen Eintrag für euch geschrieben und das Resultat: meine Finger sind vor lauter Kälte schon ganz klamm. Deshalb mache ich für heute Schluss und melde mich morgen aus Skagway wieder. Also, gut‘ Nacht …

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